Rezension: Günter v. Lonski- BITTERE MEDIZIN Ein Weserbergland-Krimi

Das Verbrechen lauert wirklich überall, selbst in der Idylle des Weserberglandes. Dies mag man zuerst gar nicht glauben, denn aus Kindertagen wissen wir, dass mit dem Auszug des Rattenfängers von Hameln und dem Verschwinden der großen Kinderschar, das Land am Oberlauf der Weser in eine tiefe Depression gefallen ist, die Menschen geläutert sind und gottesfürchtig nur anständigen Tätigkeiten nachgehen. Gott sei Dank gehört Hannover nicht mehr unmittelbar zu dieser Region, sonst wäre man schon viel früher darauf aufmerksam geworden, dass Gier, Habsucht und alle möglichen Kapitalverbrechen genauso hierher gehören, wie in alle anderen Idyllen unseres Landes, immer dort wo Menschen darauf aus sind, fette Beute zu machen. 

Deshalb hat sich der Krimiautor Günter v. Lonski gesagt, warum in die Ferne schweifen, wenn das Böse doch so nahe liegt. V. Lonski lebt in der Nähe von Hannover, also ist er vertraut mit Land und Leuten aus dem Weserbergland, nebst seinen malerischen Städtchen, die durchaus die geeignete Kulisse abgeben, wenn man einen „Krimi aus der Region“ vorlegen möchte. „Bittere Medizin“ ist ein Roman dieses Genres. Die stetig steigenden Auflagen zeigen, wie sehr die Lesegemeinde es schätzt, nicht nur dem Verbrechen in der Lagunenstadt Venedig, dem Perigord oder an der Cote d`azur nachzuspüren, nein, sie wollen erleben, wie das Böse in ihrer unmittelbaren Nähe, an ihnen bekannten Orten, quasi zuhause sich breit gemacht hat. 

Hier lässt sich sehr wirklichkeitsnah Aufklärung betreiben, irgendwie ist man näher am Verbrechen. Der Radio-Journalist Wesemann hat es nicht leicht als freier Mitarbeiter des Regionalsenders in Hameln das örtliche Geschehen rechtzeitig im Blick zu haben, um so der schreibenden Zunft immer einen Schritt voraus zu sein. Deshalb ist auch das Investigative sein Ding und nicht die schnöde Berichterstattung über den Karnevalsumzug in Hessisch Oldendorf, einer Kleinstadt unweit von Hameln. Aber er hat keine Wahl, allein der Wille seines Chefs zählt, denn er vergütet seinen Lebensunterhalt. 

Tröstlich, dass seine Freundin Karola, sie ist im Sender fest angestellt, bereit ist, mit ihm sich ins närrische Treiben zu werfen. Soeben hat der Umzug mit dem prächtigen Prinzenwagen vor Wesemann einen kurzen Halt eingelegt. Dr. Bodo Schobinsky, der Gekürte nebst Prinzessin lassen es sich nicht nehmen einen karnevalistischen Gruß dem Radioreporter zuzusenden, als unmittelbar danach der Karnevalsprinz vom Wagen stürzt und zu Füßen Wesemanns auf den Asphalt aufschlägt. Zweifellos ist Schobinsky tot. Dies erkennen die Umstehenden sofort. Die Polizei wird später dieses Ereignis als Unfall deklarieren, denn immerhin war Dr. Bodo Schobinsky hochgradig zuckerkrank. 

Der reichliche Alkoholgenuss, den er während des langen Umzuges nicht verabscheut haben soll, hat dazu geführt, dass er bewusstlos vom Wagen fiel und in den Tod stürzte. Damit war der Fall ad acta gelegt worden. Bei Wesemann blieben Zweifel zurück. Als er anfängt zu recherchieren, wird schnell klar, dass es sich mitnichten um einen Unfall gehandelt hat. Hier wurde kräftig nachgeholfen, aber von wem? 

Alles begann als Dr. Schobinsky eine Heilquelle im Park von Bad Münder entdeckt haben will, die sich vortrefflich dazu eignen soll, eine neue Kurklinik zu betreiben. Doch anstatt heilend zu wirken, hinterlässt das Wasser nur einen stinkenden, fischigen Geruch, nicht dazu angetan, einen herkömmlichen Heilbetrieb aufzuziehen. Durch den abgetrennten Kopf eines Chinesen im Söltjerbrunnen von Bad Münder wird Wesemann klar, Schobinsky hat versucht die Quelle als chinesisches Wunderwasser über sein neuestes Klinikprojekt zu vermarkten. Die eingereisten Chinesen entpuppen sich dabei nicht als Mediziner der fernöstlichen Heilkunst sondern als Mitglieder einer Triade, die skrupellos im Weserbergland Millionen von Dollar einer Geldwäsche unterziehen wollen. Für die örtlichen Geschäftemacher ist dieses alles eine Nummer zu groß. Das muss auch Wesemann erkennen, als die Recherchen drohen, auch seinen Kopf zu kosten.

Günter v. Lonski hat mit dem hier vorliegenden Band bereits seinen dritten Weserbergland-Krimi geschrieben. Allein das zeigt schon, die Leser haben die Bücher des Autors angenommen. Dies ist bei der Lektüre sofort nachvollziehbar, denn neben der skurrilen und vielschichtigen Handlung, neben den exakten Ortskenntnissen und Milieustudien sind es besonders die Beschreibungen der Charaktere der Protagonisten, die den Leser begeistern werden. Der Romanheld ist alles andere als ein Draufgänger. Er gehört eher zu der Kategorie Held wider Willen, da der Autor ihn als eine Person darstellt, der im Leben nicht allzu viel gelungen ist. 

Dieses Manko wird aber dadurch ausgeglichen, dass er in seiner Freundin Karola eine taffe Person an seiner Seite hat, ganz nach dem Motto: ein halbwegs schwacher Mann kann nur dann überleben, wenn eine starke Frau ihn durchs Leben führt. Dass v.Lonski alles mit der notwendigen Ironie und einem Augenzwinkern versieht, macht den Krimi besonders kurzweilig. Die nötige Spannung wird dadurch erreicht, dass man nie ahnt, wohin sich die Geschichte jeweils entwickelt. Wie so oft in den neuzeitlichen Kriminalromanen dient die Polizei eher dem Zweck, Heiterkeit beim Leser auszulösen. Letztendlich kann aber unser investigative Journalist nicht auf sie verzichten. 

 Wer auf der Suche nach blutrünstigen Aktionen ist, wird hier nicht fündig, denn dem Autor geht es weit mehr um das ausgeklügelte Verbrechen, zumal die Triaden ungerne sichtbare Spuren außerhalb ihres chinesischen Umfeldes hinterlassen. Zusammengefasst hat man es hier mit einem Kriminalroman zu tun, der seine eigene Art hervor gebracht hat, losgelöst von der üblichen Machart. Nicht zuletzt daraus entwickelt das Buch die anhaltende Neugierde beim Lesen. 

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