Rezension: Tea Time- Ingrid Noll- Diogenes



Ingrid Noll hat erneut einen äußerst skurrilen Roman geschrieben, den man als Krimi aber durchaus auch als Liebes- oder Gesellschaftsroman lesen kann, um ihn dann entsprechend verschubladen zu können. Ich habe ihn übrigens als Krimi gelesen.

Der Ort der Handlung ist Weinheim an der Bergstraße. Dort leben die reichlich durchgeknallten Freundinnen Nina und Franziska in einem alten Fachwerkhaus unterm Dach in zwei kleinen Wohnungen. Die textlich aufgebaute Atmosphäre lässt an Spitzweg denken, speziell im Hinblick auf den dritten Mieter, einer Leseratte und weltfremden Nerd mit französischen Wurzeln. 

Die beiden Freundinnen verfügen über einige ziemlich schräge Marotten, bezeichnen sich selbst als Spinnerinnen und gründen einen gleichnamigen Club, wo sich sechs Frauen mit unterschiedlichen Berufen zusammenfinden, um über ihre Spleens zu berichten, aber auch um viel zu lachen und Spaß miteinander zu haben. 

Die Spleene von Nina und Franziska sind anfänglich im Grunde harmlos. Franziska kämmt, wo auch immer sie welche findet, Teppichfranzen, damit sie gerade liegen. Eine Pedantin ist sie dennoch nicht. Nina fotografiert seltene Kräuter in ungewöhnlichem Umfeld, später dann allerdings entwickelt sie skurril-kleptomanische Züge.  

Absurd ist der Spleen von Ninas Tante- sie ist nicht Mitglied des Clubs- , denn sie hätschelt zuhause eine kostbare Puppe, die sie dazu noch im Kinderwagen mit nach draußen nimmt. Als Kinderersatz begreift sie die Puppe allerdings nicht. Schrullen sind für alle Frauen des Clubs ein Stück Normalität.

Man lernt nicht nur die Schrulligkeit, sondern auch die Einsamkeit der Frauen kennen, die möglichweise die jeweils besagte Schrulligkeit erst hervorgerufen hat.

Aus allem Absonderlichen entspinnen sich fatale Verwicklungen, die Nina und Franzi sogar vor Mord nicht zurückschrecken lassen...

Doch bei allem gibt es da auch noch die Liebe und mit ihr die Eifersucht, viele Klischees, die aber nicht weiter stören.

Die Leichtigkeit des Seins treibt die Freundinnen lange dazu, egal, was sie tun, es auf die leichte Schulter zu nehmen, denn Moral ist nicht ihr Thema…. Alles ist erlaubt, um sich Probleme vom Hals zu schaffen. Kann das gut gehen?

Was es ist? Ein echter Noll. Sehr kurzweilig und spitzzügig. Von daher empfehlenswert für alle die schwarzen Humor und tiefgründige psychologische Verwicklungen schräger Persönlichkeiten  als Bettlektüre zu schätzen wissen. 

Helga König .

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