Rezension: CASSANDRA NEGRA - Die Lust des Bösen - THRILLER

Obwohl dieser Psycho-Thriller sehr umfangreich ist, immerhin kommen wir auf eine Zahl von 475 Seiten, gibt es keinerlei Spannungsabfall durch die gesamte Story. Zart besaitete Gemüter müssen eher damit rechnen, dass sie doch sehr unter Druck geraten. Denn die Art und Weise, wie Cassandra Negra, übrigens ein Pseudonym für die Autorin, einer promovierten Politik- und Sozialwissenschaftlerin, das Verbrechen schildert, verlangt schon ein ziemlich stabiles Nervenkostüm. Die Darstellung des Abartigen, aber auch die Liebes- und Sexszenen sind von einer Direktheit, die man bei einem Thriller so nicht vermutet. Vielleicht ist ja gerade diese Erzählweise der Grund warum der Leser immer weiter fasziniert dranbleibt. Tötungsrituale neben unverblümter pornografischer Darstellung zeigen, dass Cassandra Negra schonungslos und direkt mit dem Lesewilligen umgeht. Hier macht sie ihrem Künstlernamen alle Ehre. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Cassandra Negra nichts verherrlicht und sich eindeutig von den Machenschaften der Nazis distanziert.

Erzählt wird der erste Fall einer jungen Profilerin, die beim LKA in Berlin ihren neuen Job angetreten hat. Bei einer Führung durch die Berliner Katakomben, alte Bunker aus der Zeit des Dritten Reiches, die alle Versuche einer Sprengung überstanden haben, entdeckt man die Leiche einer jungen Frau. Dabei wird selbst alten Hasen der Kripo speiübel, denn der Leichnam ist bestialisch zugerichtet worden. Herz und Hirn wurden entfernt und in Glasgefäße, gefüllt mit Formalin so drapiert, als seien sie als eine Art Opfergabe im Fahrerbunker der ehemaligen Reichskanzlei unter den Wandmalereien von naiver Nazikunst dargebracht worden. Dass dies alles kein Zufall ist, wird Lea Lands, so heißt die Novizin im Kriminalgeschäft, sofort klar. 

Einerseits muss die rechtsradikale Szene in irgendeiner Weise involviert sein,  andererseits zeigt die Art wie der Täter sein Opfer chirurgisch massakriert hat, dass entsprechende Kenntnisse vorliegen müssen. Zudem legt der psychische Zustand eines solchen Täters die Vermutung nahe, ein solches Verbrechen ist kein Einzelfall, die weitere Tötung junger Frauen ist nicht auszuschließen. Es könnte ein Serienkiller am Werk sein. Diese Annahme wird unmittelbar bestätigt, als auf dem inneren Gelände der Wolfsschanze, Hitlers ehemaligem Hauptquartier in Ostpreußen erneut eine, in der gleichen Weise schändlich zugerichtete Frauenleiche gefunden wird. Der Abgleich von DNA-Spuren bringt dann auch ziemlich schnell Klarheit, zumal die Verstümmelungen der Körper die gleichen Symptome aufweisen. Hier war ein und derselbe Psychopath zugange. 

Diese Erkenntnisse helfen der jungen Profilerin und ihrem ausgebrannten Kollegen aber noch lange nicht zu einem Festnahmeerfolg. Bis dahin sind noch viele mörderische Hintergründe, menschliche Abgründe von Wahnsinn und Besessenheit und sexuellen Begierden und Abartigkeiten zu recherchieren. Wurde anfangs über die sprachlichen Aspekte der Autorin gesprochen, so gilt es jetzt noch auf die inhaltlichen Feinheiten aufmerksam zu machen. Besonders auffallend ist die exakte Darstellung der Handlungsorte, die einhergeht mit der geschichtlichen Komponente Hitlers und der Nazizeit. Welche Rolle daraus resultierend die heutigen Neonazis in Deutschland und anderen Staaten Europas spielen, zeigt, dass hier der Thriller durchaus aktuelle, hochbrisante Entwicklungen einbinden kann, ohne die Spannung zugunsten eines politischen Exkurses zu verlieren. Ganz im Gegenteil, die Autorin hat es prächtig verstanden vor diesen politischen Hintergründen aus Vergangenheit und Gegenwart einen lesenswerten Thriller zu entwickeln. Dabei hat sie aber nicht vergessen, die modernen, freizügigen Lebensgewohnheiten junger Frauen, aber auch die Tristesse seelisch verkrüppelter Menschen, die eine solche Weltstadt wie Berlin in sich birgt, entsprechend zu beleuchten. Die Gefühlstiefe in die jeweiligen Protagonisten ist sehr mitreißend, sodass man manchmal vergisst, dass es sich hierbei nicht um einen Thriller sondern um einen beachtlichen Roman handeln könnte. Die nächste Schilderung des unvorstellbaren Grauens rückt dann aber wieder sehr schnell die Tatsachen zurecht.

 Sehr empfehlenswert

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